Alpaka - das neue Kaschmir?
Der allgemeine Megatrend zurück zum Natürlichen war zuletzt nicht nur in den Freizeitaktivitäten der Menschen klar ersichtlich, er spiegelte sich auch in ihrem Konsumverhalten wider. Hierbei spielt nicht nur die klassische Kleidungsindustrie eine tragende Rolle, sondern – nicht zuletzt noch verstärkt durch die aktuelle Corona – Krise -zunehmend auch die Einrichtungsbranche. Dabei kommen neben den klassischen Naturfasern wie Baumwolle, Merino und Kaschmir auch Newcomer wie Alpaka auf den Radar der Konsumenten. Doch hält die Alpakafaser, was es verspricht – vor allem im Vergleich mit der „Königin“ der Naturfasern – der Kaschmirwolle?
Kaschmir findet man überall – keine Frage, in den letzten Jahren hat die edle Faser aus der gleichnamigen Region (Haupterzeugerländer China, Mongolei und Iran) einen starken Boom erlebt, was bei einem so knappen Rohstoff durchaus mit Risiken verbunden ist. Kaschmir, seit jeher mit einem ausgezeichneten Ruf und einer außergewöhnlichen Eleganz geschmückt, gilt noch heute als die Luxusfaser schlechthin. Doch dieser Status ist überholt – so ist es längst fester Bestandteil der Mainstream – Waren von Häusern wie H&M oder Zara geworden. Dies resultiert plötzlich in einer Nachfrage von großen Mengen an Kaschmir. Jene kann jedoch vom reinen, ursprünglichen Kaschmir, welches aus der von ganzjährig extremen Wetterbedingungen geprägten Region im Himalaya stammt, nicht mehr bedient werden.
Neben dem enormen Anstieg in der Nachfrage erschweren auch externe Faktoren wie bspw. der Klimawandel, der dazu führt, dass 90% der Mongolei inzwischen ausgedorrt ist, die sorgfältige und ursprüngliche Herstellungsweise der Kaschmirfaser, die sie einst zum heutigen Status führte. Dies hat nicht nur einen direkten Einfluss auf die Haltung der Tiere, sondern auch die Umwelt, die zunehmend versteppt und überweidet wird. Da der Prozess der Authentizität der Kaschmirfaser teuer und langwierig ist, steigt die Anzahl der Fälschungen im Markt an.
Am Fuße dieses großen Kaschmirhypes wächst daher der Markt für ebenbürtige Alternativen zur ursprünglichen Kaschmirfaser – wie beispielsweise die Alpakafaser. In den Fasereigenschaften quasi vereint, bietet Alpaka eine ebenso weiche und feine Haptik wie Kaschmir – hochwertiges Alpaka verfügt ebenso wie Kaschmir über eine Faserdicke von unter 20 Mikrometer. Ebenfalls auf Augenhöhe sind sowohl bei Alpaka als auch bei Kaschmir die einzigartigen Thermoeigenschaften – die Alpakafaser ist innen hohl, weshalb bei kalten Temperaturen Wärme gespeichert und bei warmen Temperaturen Wärme ausgeglichen werden kann. Ähnlich ist es bei der Reinigung – sowohl Alpaka als auch Kaschmir gelten als sehr selbstreinigende Fasern, sodass oftmals ein schlichtes Lüften an der frischen Luft ausreicht, um schlechte Gerüche zu entfernen. Dass Alpaka in der Natur in 22 verschiedenen Farbnuancen auftaucht, mag nicht ausreichen, um sich klar von Kaschmir abzuheben. Es handelt sich also zweifelsohne um ebenbürtig feine Zwirne, die sich in der Haptik ihrer Wolle kaum unterscheiden. Was Alpaka gegenüber Kaschmir grundlegend unterscheidet ist die ethisch korrekte Gewinnung des Fells, welches – von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind gewonnen – aufgrund der Tatsache, dass Kaschmirziegen kein Fell besitzen, als seltenstes und wertvollstes Echtfell der Welt gilt.
Während schlussendlich Kaschmir zweifelsohne der Klassiker unter den feinsten Wollsorten ist, gilt Alpaka als der „Trendsetter“ der neuen Generation – warm, weich und modern. Schließlich ist es in unserer heutigen Zeit unabdingbar, die Faktoren Tier- und Umweltschutz in die Kaufentscheidung miteinzubeziehen. Hierbei gilt Alpaka als der klare Sieger. Alpakas knabbern nur an den Spitzen von Gräsern und anderen Pflanzen; sie reißen keine Pflanzen aus dem Boden, was zu einer geringeren Störung der Vegetation führt und sie nachwachsen lässt. Im Gegensatz zu Ziegen und Schafen, die scharfe Hufe haben, die Weide und Boden schädigen, haben Alpakas zwei Zehen mit Zehennägeln oben und einem weichen Polster unten an jedem Fuß, wodurch die Schädigung des Weidelands minimiert wird. Zudem macht es die zunehmende Anzahl von Kaschmir- Fälschungen auf dem Markt schwer, „die Augen davor zu verschließen, dass Kaschmirziegen oft unter grausamen Bedingungen geschoren werden und ihre Weideflächen aufgrund der großen Herdenanzahl abgeweidet sind.“